#InternationalAsexualityDay befeuert identitätspolitische Grabenkämpfe und hat sein Ziel erreicht

Heute ist der 6. April 2021. Heute ist der internationale Tag der Asexualität. Ziel ist es, auf die Existenz und die Stigmatisierung dieses bisher kaum bekannten und erforschten Phänomens hinzuweisen, die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren.
Menschen, die keine sexuelle Lust empfinden, begegnen nämlich häufig dem Vorwurf, sie seien krank oder würden an Traumata leiden. Die Folgen: Emotionaler Stress, Depression, Suizidgedanken[1].

Polarisierter Diskurs

Auf Twitter trendet #InternationalAsexualityDay. Wie zu erwarten führt der Hashtag innerhalb der Twitter-Gemeinschaft – wohl aber auch darüber hinaus – zu heftigen Diskussionen und lässt sich in eine grundlegende Debatte über Identitätspolitik einordnen, die von konträr gegenüberstehenden und verhärteten Standpunkten geprägt ist.
Auf der einen Seite stehen solche, die eine Hypersensibilisierung der Sprache und Gesellschaft befürchten und die gerne auf größere Probleme verweisen, um die sich gekümmert werden sollte. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die sich über die Empörten empören und sich für eine stärkere Berücksichtigung von Minderheitsinteressen einsetzen.
Die Polarisierung ist groß und jeglicher Aufruf nach mehr Sensibilisierung gegenüber (sexuellen) Minderheiten stößt erwartungsgemäß auf lauthalses Schreien der gegenüberliegenden Seite. Im Tauziehen um die „richtige“ Meinung scheinen wir uns in einer Pattsituation zu befinden, wo es weder vor- noch zurückgeht, wo man entweder die eine oder die andere Seite unterstützt.

„Nur“ ein Gedenktag

Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Es geht lediglich darum, sich an diesem Tag Menschen ins Gedächtnis zu rufen, die in der Öffentlichkeit kaum sichtbar und gleichberechtigte Mitglieder dieser Gesellschaft sind. Es geht darum, die Vielfalt der Gesellschaft aufzuzeigen und für diese zu sensibilisieren. Die Initiative bezweckt nicht, die Sprache zu ändern, gar jemandem eine Lebensweise aufzudrücken.
Der vehemente Widerstand gegen einen solchen Gedenktag offenbart lediglich, wie weit die Polarisierung im identitätspolitischen Diskurs fortgeschritten ist. Vonnöten wäre es, Ruhe und Verhältnismäßigkeit in die Diskussion einzubringen und zu verstehen, was das eigene Gemüt derart erhitzt, wenn über die Diskriminierung sexueller Minderheiten gesprochen wird. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen, Feindbildern und Privilegien wäre in beiden Lagern wichtig.

Any publicity is good publicity

Mit dem internationalen Tag der Asexualität wird zwar noch mehr Öl ins Feuer der identitätspolitischen Debatte gegossen, bei der bereits vorherrschenden Hitze macht das allerdings keinen Unterschied mehr. Viel wichtiger ist, dass mit #InternationalAsexualityDay Aufmerksamkeit für das Phänomen Asexualität erregt wurde und der Hashtag trendet, denn es gilt: Any publicity is good publicity.
Heute ist übrigens auch der internationale Tag des Sports. Wussten Sie das?


[1] https://www.swr.de/swr2/wissen/nie-lust-auf-sex-phaenomen-der-asexualitaet-100.html

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